„Bürokratie raus aus dem Betrieb“: Singer erkämpft praxistaugliche Vereinfachung der EU-Agrarpolitik
Brüssel. Im Trilog zur Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wurde eine Einigung erzielt. Der Weg ist frei für spürbare Entlastungen in der Landwirtschaft. Christine Singer, MdEP (Freie Wähler/Renew Europe), war als Schattenberichterstatterin ihrer Fraktion maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt und spricht von einem „wichtigen Erfolg für die Praxis“.
„Als Vertreterin der Landwirtschaft und der ländlichen Regionen im Europäischen Parlament sehe ich es als meine Herzensangelegenheit, dafür zu sorgen, dass Vereinfachung nicht nur in den Amtsstuben passiert, sondern dort ankommt, wo sie gebraucht wird – auf den Höfen“, so Singer. „Das GAP-Vereinfachungspaket war unsere erste große Chance, Brüssel-Bürokratie in greifbare Erleichterung für Landwirte zu verwandeln – und wir haben geliefert.“
Das Ziel des Vereinfachungspakets ist klar: Bürokratie abbauen, Rechtssicherheit schaffen und den Mitgliedstaaten mehr Spielraum für eine praxistaugliche GAP-Umsetzung geben. Nach Ansicht des Parlaments war eine rasche Einigung dringend notwendig, um das Vertrauen in die EU-Agrarpolitik wieder zu stärken.
Grüne Architektur: Mehr Flexibilität, weniger Zwang
Dauergrünland (GLÖZ 1)
Ein zentrales Ergebnis betrifft die Definition von Dauergrünland (GLÖZ 1). Singer konnte hier ihre Forderung nach einer Stichtagsregelung erfolgreich durchsetzen: Künftig können Mitgliedstaaten wählen, ob sie am bisherigen System festhalten, nachdem alle 5 oder 7 Jahre gepflügt werden muss, oder eine rechtssichere Stichtagsregelung anwenden, bei der Flächen ihren Ackerstatus dauerhaft behalten, wenn sie am 1. Januar 2026 als Ackerland galten – auch bei mehrjähriger Nutzung als Weide oder Kleegras.
„Damit beenden wir den bürokratischen Unsinn, dass Landwirte ihre Flächen pflügen müssen, nur um eine EU-Vorgabe zu erfüllen“, erklärt Singer. „Das ist Vereinfachung mit gesundem Menschenverstand – gut für Klima, Umwelt und die Betriebe.“
Landwirte mit laufenden Agrarumweltverpflichtungen werden nicht benachteiligt, und wer freiwillig Dauergrünland anlegen möchte, kann dies über eine Opt-Out-Möglichkeit tun.
Erosionsschutz (GLÖZ 5)
Ebenfalls ein Erfolg für Singer: Die Ergänzung in Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/2115, wonach künftig auch Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall berücksichtigt werden können. Damit wird Bodenbearbeitung in phytosanitären Notfällen – etwa bei Stolbur oder Drahtwürmern – mit einer GLÖZ 5-Ausnahme ermöglicht.
„Wir schaffen damit klare Regeln und mehr Verhältnismäßigkeit beim Erosionsschutz. Landwirte sollen handeln und ihre Pflanzen mechanisch schützen dürfen um den Lebenszyklus der Schädlinge im Boden zu unterbrechen, wenn es fachlich notwendig ist – ohne Blockaden durch die Grüne Architektur und monatelange Genehmigungsverfahren“, betont Singer.
Gleichstellung für Biobetriebe in Umstellung
Ein weiterer Erfolg des Parlaments betrifft Biobetriebe in der Umstellung, die künftig denselben Status wie zertifizierte Biobetriebe erhalten. Sie gelten damit für die GLÖZ-Standards 1, 3, 4, 5, 6 und 7 als konform.
„Es war uns wichtig, hier Fairness zu schaffen“, erklärt Singer. „Umstellungsbetriebe erfüllen dieselben Auflagen wie Biobetriebe – also verdienen sie auch dieselbe Vereinfachung.“
Kontrolle mit Augenmaß
Auch bei den Betriebskontrollen konnte das Parlament einen wichtigen Punkt durchsetzen: Das Prinzip einer einzigen Vor-ort-Kontrolle pro Jahr bleibt bestehen. Der Rat wollte das Kommissionsmandat abändern und mehrfach im Jahr mögliche Kontrollen vorsehen – das wurde verhindert.
„Vereinfachung bedeutet nicht mehr Kontrolle, sondern gezielte Kontrolle“, so Singer.
Fruchtwechsel (GLÖZ 7)
Auch für kleinere und mittlere Betriebe mit Ackerbau gibt es Entlastungen: Für Betriebe mit 10 bis 30 Hektar Ackerfläche sollen künftig keine Kontrollen und Sanktionen mehr im Rahmen von GLÖZ 7 (Fruchtwechsel) erfolgen.
„Das ist ein wichtiger Schritt für kleinere und mittlere Ackerbaubetriebe“, erklärt Singer. „Regelung sorgt für mehr Verhältnismäßigkeit – ohne die Umweltziele aus den Augen zu verlieren.“
Ausblick
Jetzt liegt der Ball bei den Mitgliedstaaten. Die neuen Regeln sollen ab Anfang 2026 greifen.
„Europa hat geliefert – jetzt müssen die Mitgliedstaaten handeln“, fordert Singer. „Deutschland muss dem Ruf aus der Praxis folgen und die Vereinfachung auch wirklich bei den Landwirten ankommen lassen.“

